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Wettbewerb

Prof. François Höpflinger, Soziologe

Prof. Fançois Höpflinger ist Titularprofessor für Soziologie an der Universität Zürich. Er beschäftigt sich vor allem mit Fragen zur Bevölkerungssoziologie, der Altersforschung, Generationenfragen und -beziehungen, sowie der Familiensoziologie und der Sozialpolitik.
www.hoepflinger.com


Der folgende Text ist eine satirische Anmerkungen zum Thema «künstlichen Intelligenz», die explizit als Beitrag zum Expo.02 Ausstellungsprojekt entstanden ist.


Künstliche Intelligenz im Wettbewerb mit künstlicher Idiotie

Künstliche Intelligenz - eine bestechende Idee. Wenn dies gelingt, wäredie jahrhundertelange Frage der ausserirdischen Silikon-Astronomen von Cycnus 27 - Gibt es intelligentes Leben auf diesem blauen Planet? - endlich positiv zu beantworten. Künstliche Intelligenz - basierend auf neuralen Netzen - lässt uns Probleme lösen, die wir ohne Intelligenz gar nie zu lösen brauchten.

Die Möglichkeiten im Gebrauch intelligenter Maschinen und Räume sind unendlich: Wer wäre nicht begeistert von einer Waschmaschine, welche nicht nur sauber wäscht, sondern auch gut durchdachte Mode- und Aktientipps vermittelt? Welcher Patient träumt nicht von Medikamenten, welche alle Nebenwirkungen dem Arzt überlassen? Wer könnte sich nicht für ein intelligentes Haus erwärmen, das nicht nur einbruchsicher ist, sondern das potentielle Einbrecher gleichzeitig auch resozialisiert? Künstliche Intelligenz - darin liegt eindeutig die menschliche Zukunft! Da der Mensch jedoch ein widersprüchliches Mängelwesen ist, garantiert mehr Intelligenz alllerdings nicht unbedingt bessere Problemlösungen. Geballte Intelligenz auf kleinem Raum kann durchaus störend wirken, wie alle wissen, die schon Lehrerkonvents, Professorenkonferenzen und parlamentarische Debatten erlebt haben. Intelligente Wesen im Kollektivverhalten sich überraschend hilflos und häufig wenig überlegt. Künstliche Intelligenz kann das Problem hyperaktiver, übersteuerter Intelligenzzufuhr verstärken.

Deshalb erscheint es gesellschaftlich notwendig, neben der künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence) auch das Gegenmodell der künstlichen Dummheit (Artificial Idiocy) mit zu entwickeln, unter dem Leitbegriff Dummheit ist lernbar (und wird gerne kopiert). Ein intelligenter Computer oder ein superintelligentes Haus untergräbt das Selbstvertrauen junger wie älterer Menschen mit durchschnittlicher Intelligenz. Ein künstlicher Idiot hingegen hebt Vertrauen und Selbstsicherheit. Eine Partnerin, welche man als dümmer einschätzt als sich selbst, ist schon seit Jahrtausenden eine erfolgreiche Strategie unsicherer Männer zu mehr Selbstbewusstsein. Ein künstliches Hirn, welches ebenso viele Fehler macht wie Menschen, wirkt depressiven Stimmungen entgegen.

Künstliche Intelligenz und künstliche Idiotie - beides sind tragende Säulen unserer Zukunft. Es lässt sich allerdings - sicherlich mit Recht - behaupten, unsere Gesellschaft würde schon mehr als genug künstliche Dummheit produzieren, wie sich am Beispiel von Talkshows im Fernsehen ohne Probleme belegen lässt. Viele Bildungseinrichtungen dienen bei genauer Betrachtung weniger der Intelligenzförderung als dazu, Mangelwissen und Einbildung in sozial nützliche Wege zu kanalisieren. Werbekampagnen haben oft den einzigen Zweck, intelligente Menschen zu süssen Dummheiten zu bewegen, usw.

Künstliche und natürliche Intelligenz stehen immer in hartem Wettbewerb mit natürlicher und künstlicher Idiotie, und es ist schlussendlich genau dieses gesellschaftliche Spannungsfeld, welches das Leben spannungsvoll gestaltet. Das Experiment «Ada - der intelligente Raum» wird zeigen, ob künstliche Intelligenz sich in diesem harten Wettbewerb behaupten kann.
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